Alles Licht, das wir nicht sehen von Anthony Doerr
Zwei Kinder in unsagbar grausamen Zeiten: Hin und wieder begegnet man einem Buch, einem Roman, bei dem man zwischen den Zeilen hindurch zu tauchen vermag und hinter den Worten direkt in eine andere Welt gelangt. Dies ist die Geschichte der blinden Marie-Laure, die nach der Besetzung Paris’ durch die Deutschen mit ihrem Vater zu Fuß nach Saint-Malo flieht.
Dies ist auch die Geschichte von Werner, der mit seiner jüngeren Schwester in einem Waisenhaus im Ruhrpott aufwächst und der der drohenden Armut dadurch zu entgehen versucht, dass er seine überdurchschnittlichen Fähigkeiten als Ingenieur in den Dienst des aufstrebenden Dritten Reiches stellt.
Beide Geschichten werden wechselweise erzählt, immer in sehr kurzen Abschnitten. Dabei ist es fast schon unglaublich, wie jedes der kurzen Kapitel dermaßen viel emotionales Potential entwickeln kann. Jedes dieser kurzen Episoden beinhaltet mehr Magie und Poesie als anderswo ganze Bibliotheken. Und die beiden Geschichten streben unaufhaltsam aufeinander zu, unheilvoll, wie zwei Züge, die aufs falsche Gleis gesetzt, ungebremst aufeinander zu rasen. Ein atemberaubendes Drama, das einem den Atem stocken, das Blut gefrieren lässt. Und doch ist dieser Roman von einer verwunschenen Schönheit, fast wie ein perfekt geschliffener Diamant, außen blau und innen von einem roten Feuer.
Ein Buch, das man, hat man es erst einmal angefangen zu lesen, überall mit hinnimmt, um es nie mehr wegzulegen. Ganz und gar außergewöhnlich.
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